Schmidt, Rudolf
Schmidt, Rudolf Friedrich Carl
1886 – 1957
Offizier, Generaloberst
- Lebensdaten
- 1886 – 1957
- Geburtsort
- Schöneberg (seit 1920 Berlin-Schöneberg)
- Sterbeort
- Krefeld
- Beruf/Funktion
- Offizier ; Generaloberst ; Soldat
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 137808585 | OGND | VIAF: 85989435
- Namensvarianten
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- Schmidt, Rudolf Friedrich Carl
- Schmidt, Rudolf
- Schmidt, Rudolf Friedrich Carl
- Schmidt, Rudolph
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Rudolf Schmidt trat im Zweiten Weltkrieg als Panzerkommandeur und scharfer Kritiker der militärischen Führung hervor. Seit 1941 verfolgte er entgegen der NS-Ideologie als Armeeoberbefehlshaber in der Sowjetunion eine moderatere Besatzungspolitik gegenüber Kriegsgefangenen und der Zivilbevölkerung. Bemerkenswert waren seine Anti-Partisanen-Strategie sowie der Aufbau einer autonomen Selbstverwaltung im Bezirk Lokot. 1943 wurde Schmidt wegen politischer Äußerungen seines Kommandos enthoben und geriet 1947 in sowjetische Gefangenschaft.
Lebensdaten
Geboren am 12. Mai 1886 in Schöneberg (seit 1920 Berlin-Schöneberg) Gestorben am 7. April 1957 in Krefeld Grabstätte Hauptfriedhof in Krefeld Konfession evangelisch -
Lebenslauf
12. Mai 1886 - Schöneberg (seit 1920 Berlin-Schöneberg) -
Genealogie
Vater Rudolf Hermann Schmidt 10.7.1851–23.7.1936 aus Wohlmirstedt (Provinz Sachsen); Dr. phil.; Geheimer Studienrat; Gymnasialdirektor (höhere Mädchenschule) in Schöneberg (heute Berlin-Schöneberg) Großvater väterlicherseits August Schmidt 25.11.1804–4.8.1853 Großmutter väterlicherseits Johanna Aurona Schmidt, geb. Busch 15.5.1828–4.9.1903 Mutter Johanna Elisabeth Friederike Undine Agnes Schmidt, geb. Freiin von Könitz 27.12.1857–24.10.1928 Großvater mütterlicherseits Friedrich Wilhelm Karl Ludwig Freiherr von Könitz 6.10.1817–1860 Großmutter mütterlicherseits Elisabeth Freiin von Könitz, geb. Hamersley get. 29.4.1817–5.3.1876 aus Cheriton (Kent, Großbritannien); Tochter des Hugh Hamersley (1767–1825) Bruder Hans Thilo Schmidt 13.5.1888–16.9.1943 seit 1931 Spion für Frankreich, bis 1938 Mitarbeiter des Reichskriegsministeriums; April 1943 enttarnt und verhaftet; Suizid Schwester Martha Schmidt geb. 1900 Heirat 1.6.1917 in Krefeld Ehefrau Frieda Schmidt, geb. Leitholf 27.1.1888–7.6.1987 Schwiegervater Hugo August Leitholf 1.5.1857–25.5.1945 Fabrikbesitzer in Krefeld Schwiegermutter Helene Leitholf, geb. Biedermann 8.9.1861–9.3.1948 Kinder keine Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Schmidt, Rudolf (1886 – 1957)
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Vater
10.7.1851–23.7.1936
aus Wohlmirstedt (Provinz Sachsen); Dr.·phil.; Geheimer Studienrat; Gymnasialdirektor (höhere Mädchenschule) in Schöneberg (heute Berlin-Schöneberg)
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Großvater väterlicherseits
August Schmidt
25.11.1804–4.8.1853
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Großmutter väterlicherseits
Johanna Schmidt
15.5.1828–4.9.1903
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Mutter
Johanna Schmidt
27.12.1857–24.10.1928
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Großvater mütterlicherseits
Friedrich Freiherr von Könitz
6.10.1817–1860
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Großmutter mütterlicherseits
Elisabeth Freiin von Könitz
get. 29.4.1817–5.3.1876
aus Cheriton (Kent, Großbritannien); Tochter des Hugh Hamersley (1767–1825)
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Bruder
13.5.1888–16.9.1943
seit 1931 Spion für Frankreich, bis 1938 Mitarbeiter des Reichskriegsministeriums; April 1943 enttarnt und verhaftet; Suizid
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Schwester
Martha Schmidt
geb. 1900
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Heirat
in
Krefeld
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Ehefrau
Frieda Schmidt
27.1.1888–7.6.1987
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Biografie
Schmidt besuchte ein humanistisches Gymnasium in Berlin und trat nach dem Abitur 1906 als Fahnenjunker in die preußische Armee ein. 1908 zum Leutnant befördert, wechselte er im November 1911 von der Infanterie zur Telegraphentruppe und diente während des Ersten Weltkriegs an Ost- und Westfront in Truppen- und Stabsverwendungen. Im September 1918 erhielt er eine provisorische Generalstabsausbildung (Sedan-Kurs) und war nach Kriegsende von 1919 bis 1923 als Referent im Reichswehrministerium tätig. Anschließend diente Schmidt als Kompaniechef in einer Nachrichten-Abteilung, war von Oktober 1925 bis September 1928 Chef der Chiffrierstelle der Reichswehr und wurde danach als Lehrgangsleiter für die Führergehilfen-Ausbildung in Münster und Berlin verwendet. Im Juli 1931 avancierte er zum Chef des Stabs in der Inspektion der Nachrichtentruppen im Reichswehrministerium und ein Jahr später zum Kommandeur der „Offizierslehrgänge Berlin“, dem Vorläufer der 1935 wieder eröffneten Kriegsakademie.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme diente Schmidt 1934/35 als Regimentskommandeur in Ludwigsburg und anschließend als Oberquartiermeister III im Generalstab des Heeres. Im Oktober 1937 übernahm er das Kommando über die 1. Panzer-Division in Weimar, mit der er 1939 am Polenfeldzug teilnahm. Während des Westfeldzugs im Mai/Juni 1940 war er Kommandierender General des XXXIX. Armee-Korps (mot.). Von General der Artillerie Georg von Küchler (1881–1968) beauftragt, den militärischen Widerstand Rotterdams zu brechen, führte Schmidt Verhandlungen, um eine gewaltlose Kapitulation der Stadt herbeizuführen; sein Versuch, die Bombardierung Rotterdams vom 14. Mai 1940 zu verhindern, blieb ohne Erfolg.
Im Juni 1940 wurde Schmidt zum General der Panzertruppe befördert, nahm seit Juni 1941 mit seinem Korps am Angriff auf die Sowjetunion teil und erhielt am 10. Juli 1941 als erster Soldat des Ostheeres das Eichenlaub zum Ritterkreuz. Im September 1941 protestierte er in einer über das Armeeoberkommando 16 an Adolf Hitler (1889–1945) adressierten Denkschrift als einer der ersten Generale der Wehrmacht vehement gegen den Befehl, gefangene Politkommissare der Roten Armee ohne Verhandlung zu exekutieren („Kommissarbefehl“).
Schmidt machte seinen Gegensatz zur NS-Vernichtungsideologie auch in seiner Funktion als Oberbefehlshaber der 2. Panzer-Armee seit Dezember 1941 deutlich, indem er die ihm unterstehenden Truppen dazu anhielt, keinen Krieg gegen die Zivilbevölkerung zu führen. Er verbot die Misshandlung von Kriegsgefangenen und forderte für diese von seinen unterstellten Kommandeuren bessere Unterkünfte sowie ausreichende Verpflegung und medizinische Versorgung. Indem Schmidt u. a. die Befugnis für Vergeltungsmaßnahmen auf einen kleinen Kreis höherer Offiziere beschränkte, versuchte er, den Krieg in seinem Verantwortungsbereich in kriegsrechtskonforme Bahnen zu lenken, ohne sämtliche Übergriffe verhindern zu können. Entgegen den Intentionen des „Kriegsgerichtsbarkeitserlasses“ vom Mai 1941 verhängte er auch kriegsgerichtliche Strafen gegen die eigene Truppe, um eigenmächtige Gewaltmaßnahmen zu verhindern. So ließ er im März 1942 zwei Wehrmachtsoldaten wegen der Ermordung eines russischen Zivilisten zum Tode verurteilen – ein Urteil, das erst auf Intervention von Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel (1882–1946) zu einer Zuchthausstrafe von zwölf Jahren umgewandelt wurde.
In seinem Einflussbereich verfolgte Schmidt die Strategie, Partisanen nicht nur militärisch zu bekämpfen, sondern sie mittels psychologischer Kriegführung zur Kapitulation zu bringen. Partisanenverdächtige durften nicht erschossen werden, sondern waren in ein Gefangenlager zu bringen. Er blieb mit seinem Kurs weitgehend erfolglos und konnte die Anwendung unverhältnismäßiger Gewalt nicht verhindern. Um die Zivilbevölkerung nicht in die Hände der Partisanen zu treiben, befahl Schmidt, unnötige Belastungen zu vermeiden und ortsübliche Bräuche zu achten. Bemerkenswert ist Schmidts eigenmächtige Entscheidung, im Bezirk Lokot eine halbautonome russische Selbstverwaltung einzurichten, die sich bald vergrößerte und über eine Freiwilligenmiliz verfügte.
Im April 1943 wurde Schmidt auf Weisung Hitlers seines Kommandos enthoben. Im Rahmen von Ermittlungen gegen seinen Bruder Hans Thilo Schmidt (1888–1943), der wegen Spionage verhaftet worden war, fand die Gestapo politisch belastende Briefe Schmidts. Dank der Intervention von Generalstabsrichter Karl Sack (1896–1945), einem Mitglied des militärischen Widerstands, kam es zu keiner Anklage vor dem Reichskriegsgericht. Nach Versetzung in die Führerreserve schied Schmidt im September 1943 aus der Wehrmacht aus und arbeitete anschließend als Angestellter und Unternehmer im Chemie- sowie Baugewerbe. Ende 1947 geriet er in Thüringen in sowjetische Gefangenschaft, aus der er Anfang 1956 zurückkehrte.
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Auszeichnungen
1914 Eisernes Kreuz II. und I. Klasse (1939 Spange) vor 1918 k.u.k. Militär-Verdienstkreuz III. Klasse mit der Kriegsdekoration vor 1918 Ritterkreuz II. Klasse des Großherzoglich Badischen Ordens vom Zähringer Löwen mit Schwertern und Eichenlaub vor 1918 Herzoglich Braunschweigischer Orden Heinrichs des Löwen IV. Klasse vor 1918 Kaiserlich Osmanischer Eiserner Halbmond vor 1918 Offizierskreuz des Königlich Bulgarischen Militär-Verdienstordens 1934 Ehrenkreuz für Frontkämpfer 1940 Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes (1941 mit Eichenlaub) 1942 Panzerkampfabzeichen Silber bis 1943 Wehrmacht-Dienstauszeichnungen IV.–I. Klasse -
Quellen
Nachlass:
Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg im Breisgau, N 823. (weiterführende Informationen)
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg im Breisgau, PERS 6/22 653 (Personalakte, enthält keine Unterlagen vor 1944); MSG 109/2373 (biografische Sammlung zu deutschen Generalen und Admiralen) u. MSG 150/222 (Sammlung militärischer Werdegänge zu Trägern des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes und höher).
Bundesarchiv, Koblenz, B 305/10 964. (Strafprozessakte)
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, MfS HA IX/11, ZA 422. (Ermittlungsakte)
Hannah-Arendt-Institut, Dresden. (sowjetische Gefangenenakte)
Gedruckte Quellen:
Wassili Stepanowitsch Christoforow/Wladimir Gennadjewitsch Makarow/Matthias Uhl (Hg.), Verhört. Die Befragung deutsche Generale und Offiziere durch die sowjetischen Geheimdienste 1945–1952, 2015. (Auszüge aus den Protokollen der sowjetischen Verhöre Rudolf Schmidts v. 27.12.1947, 12.1.1948 u. 2.4.1948 sowie dessen Begnadigungsgesuch v. 6.2.1952)
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Literatur
Monografien:
Klaus-Rainer Woche, Zwischen Pflicht und Gewissen. Generaloberst Rudolf Schmidt 1886–1957, 2002.
Johannes Hürter, Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42, 22007. (P)
Christian Hartmann, Wehrmacht im Ostkrieg. Front und militärisches Hinterland 1941/42, 22010.
Sebastian Stopper, Das Brjansker Gebiet unter der Besatzungsherrschaft der Wehrmacht 1941 bis 1943, Diss. phil. HU Berlin, 2012.
Aufsätze:
Friedrich Christian Stahl, Generaloberst Rudolf Schmidt, in: Gerd R. Ueberschär (Hg.), Hitlers militärische Elite, Bd. 2, 1998, S. 218–225.
Chris Helmecke, Ein „anderer“ Oberbefehlshaber? Generaloberst Rudolf Schmidt und die deutsche Besatzungsherrschaft in der Sowjetunion 1941–1943, in: Militärgeschichtliche Zeitschrift 75 (2016), S. 55–93.
Chris Helmecke, Generaloberst Rudolf Schmidt. Denken und Handeln im Vernichtungskrieg, in: Militärgeschichte. Zeitschrift für historische Bildung, 1/2017, S. 14–17.
Chris Helmecke, The German Occupation in the Soviet Union 1941–1943. The Case of Rudolf Schmidt, in: Revista de istorie militară, Nr. 3–4, 2021, S. 19–25.
Lexikonartikel:
Gerd F. Heuer, Art. „Rudolf Schmidt“, in: ders., Die Generalobersten des Heeres. Inhaber höchster deutscher Kommandostellen. 1933–1945, 1997, S. 180–183.
Franz Thomas, Art. „Generaloberst Rudolf Schmidt“, in: ders., Die Eichenlaubträger 1940–1945, Bd. 2, 1998, S. 270.
Peter Stockert, Art. „Rudolf Schmidt“, in: ders., Die Eichenlaubträger 1940–1945, Bd. 1, 22010, S. 61 f.
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Porträts
Fotografien, 1940–1942, Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek, München, Fotoarchiv Hoffmann.
Fotografie, März 1942, Bildarchiv des Bundesarchivs, abgedruckt in: Johannes Hürter, Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42, 22009, S. 660.
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Autor/in
→Chris Helmecke (Potsdam)
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Zitierweise
Helmecke, Chris, „Schmidt, Rudolf“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/137808585.html#dbocontent